Wie sich Hotels gegen Terrorismus schützen können

Wie sich Hotels gegen Terrorismus schützen können
Ulrich Jander

Berlin/Bern, 13. Oktober 2016 – Ein Hintergrundbericht in der Schweizer Fachzeitung „Hotellerie & Gastronomie“ sorgt für Aufsehen. Offen wird dort ein eminentes Sicherheitsproblem angesprochen – mangelnder Schutz vor Terrorangriffen. Denn: Hotels gelten unter Sicherheitsexperten seit Langem als sog. weiche Ziele, d.h. leicht angreifbar. Ulrich Jander ist einer der renommiertesten Sachverständigen für Travel Risk Management. Im Interview weist er auf die zahlreichen Sicherheitslücken in deutschen Hotels hin.

Ulrich Jander - b
Ulrich Jander

Herr Jander, wie steht es mit der Sicherheit in deutschen Hotels nun wirklich?
Ulrich Jander: „Da sieht es eigentlich sehr schlecht aus. Man will sich mit dem Thema Sicherheit gar nicht richtig auseinandersetzen bzw. verdrängt es gerne. Wenn wir Hoteliers auf die zahlreichen Schwachstellen verweisen, wird man ganz schnell vor die Tür gesetzt. Gerade im Bereich des Travel Risk Managements wird – im Auftrag von Konzernen, also Firmenkunden – das Thema Sicherheit in den Häusern abgefragt – ein Schwerpunkt dabei ist auch die Gefahr von Terroranschlägen. Es ist schon erschreckend, wie leichtfertig Hoteliers mit diesem Thema umgehen, sei es die schwebende Gefahr von Anschlägen mit Autobomben oder anderen Szenarien. Ganz wichtig ist auch die Lebensmittelsicherheit – ein Anschlag über das Essen ist oft ganz leicht möglich, da in den Küchen und Lagerräumen kaum aufgepasst wird.“

Ideales Versteck für einen Sprengsatz: Geleerte Feuerlöscher im Hotel (Foto: Ulrich Jander)
Ideales Versteck für einen Sprengsatz: Geleerte Feuerlöscher im Hotel (Foto: Ulrich Jander)

Ist die Gefahr nicht ein wenig herbeigeredet?
Jander: „Die meisten Hoteliers und auch ihre Mitarbeiter wissen überhaupt nicht, was sie tun müssen, wenn es zu einem terroristischen Anschlag kommen sollte. Man löst dann halt den Feueralarm aus – mit möglicherweise fatalen Folgen, da ja dann alle Gäste fluchtartig das Haus verlassen und den Attentätern direkt in die Arme laufen würden. Die meisten Hotels haben überhaupt kein Sicherheitskonzept. Der Amoklauf in Winnenden oder kürzlich München hat gezeigt, dass eine Abschlagsgefahr permanent vorhanden ist; oft kommt der Terrorakt aus völlig unvermuteter Richtung. Kürzlich machte ich den Betreiber eines namhaften Fünf-Sterne-Hotels auf etliche Missstände in seinem Haus aufmerksam – da hat er mir tatsächlich Hausverbot erteilt. Das zeigt mir, dass leider einige gar nichts mit dem Thema Sicherheit zu tun haben wollen – zum Nachteil Ihrer Gäste und Mitarbeiter. Denn: Wenn etwas passiert, ist es eben zu spät.“

Warum monieren Sie viele Hotels denn so stark?
Jander: „Unsere Auftraggeber, das sind namhafte und große Unternehmen aus dem Finanzbereich, sind dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter bei Geschäftsreisen sicher unterzubringen. Travel Risk Management wird da groß geschrieben. Interessant ist: Hotels der oberen Kategorien sind oft kaum gesichert, dagegen Häuser einer stark expandierenden Budget-Hotelkette wiederum umso mehr. Also gehen die Buchungen dorthin.“

Wo genau liegen die meisten Schwachstellen in Hotels?
Jander: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir hier nicht die Punkte öffentlich aufzählen. Wir wollen ja keine ‚Bastelanleitung‘ an Terroristen geben… In unseren Begehungen weisen wir die Hotelbetreiber explizit auf die Einfallstore hin.“

Wie sieht es eigentlich mit der Haftungsfrage aus?
Jander: „Tja, da kommt der Hotelier gut aus der Nummer raus, denn es gibt keine Auflagen wie ein Hotel gesichert sein muss. Und das wissen ja die meisten auch. Deshalb wird auch kein Geld in die Sicherheit gesteckt. Bis halt etwas passiert…“

Sicherheitsmängel in Tophotels – vergraulen die Häuser sich so ihre Firmenkunden?
Jander: „Das kann man so sagen: Sicherheit ist in zahlreichen Vier- und Fünf-Sterne-Hotels ein Thema, was stark überdacht werden muss. Wohlgemerkt: Wir verkaufen nichts, sondern wir weisen auf die Schwachstellen hin, sagen wo die Probleme und Gefahren für Gäste und Mitarbeiter drohen. Aber das ist wie en Kampf gegen Windmühlen…“