We Love Travel: Reiselust trotz Corona ungebrochen
Verunsicherung als Hauptproblem – Bewusstsein für soziale Nachhaltigkeit gewachsen – erhöhtes Informations- und Sicherheitsbedürfnis bei Kunden – der Markt baucht neue Produkte – Reisen hat sich durch Corona geografisch entzerrt – Onlinebuchung bleibt Trend – Reisequalität steigt und die Pauschalreise lebt
Berlin, 20. Oktober 2020 – Durch die Krise hat die Tourismusbranche zum einen ein neues Verständnis für Risiken, aber auch Potential für neue Chancen erkannt. So sei beispielweise das Bewusstsein für sozial und ökologisch verantwortliches Reisen gewachsen. Das ging aus allen Diskussionen am B2B-Tag des digitalen “We Love Travel”-Events hervor. Wenn Veranstalter, Dienstleister, aber auch Kunden aus dieser Erkenntnis die richtigen Konsequenzen ziehen, dann kann ihnen eine Zukunft bevorstehen, die schwarze Unternehmenszahlen, hohe Kundenzufriedenheit und nachhaltig positive Auswirkungen auf Herkunfts- und Zielländer haben kann.
Das sind die zwölf wichtigsten Erkenntnisse des B2B-Freitags von “We Love Travel”:
1. Die Verunsicherung ist das Hauptproblem
Von 1950-2019 ist die Zahl der Übernachtungen weltweit um das 60-fache gestiegen, wie Peter Kautz von Statista berichtete. “Doch dann kam Corona.” Die Pandemie stelle mit einem (bisher!) weltweiten Umsatzrückgang von 55 Prozent der touristischen Aktivitäten alle bisherigen Krisen in den Schatten. Roland Gassner von Travel Data & Analytics ergänzte, der Einbruch sei zwar grob mit 9/11 oder der Finanzkrise vergleichbar, seine Dauer und Erholungsperspektiven aber nicht: Die Erholung dauere länger und niemand weiß wirklich, wie lange.
2. Die Lage ist nicht hoffnungslos
“Hört auf zu heulen”, forderten viele Diskussionsteilnehmer. Denn “die Menschen wollen reisen”, sagte Michael Buller vom Verband Internet Reisevertrieb VIR unter Verweis auf jüngste Umfragen. Erst recht, wenn sie es eine Weile lang nicht durften. Dazu kommt: “Sie haben Geld, Zeit und Lust, wieder zu verreisen”, wie Ulf Sonntag, Marktforscher am Kieler Institut für Tourismusforschung, ermittelte. Selbst wenn sie jetzt nicht überall dort hinreisen können, wo sie hin wollen, “buchen sie, was geht” laut Roland Gassner, Director Business Development, Travel Data + Analytics.
3. Transparenz schafft Vertrauen
Mit geänderten Reiseentscheidungen, hat das Wort “Vertrauen” mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. “Vertrauen ist die neue Währung für ein erfolgreiches Tourismusmarketing”. Die Krise hat alle Stakeholder getroffen, einige mehr, andere weniger. Vorbereitet war aber keiner, auch der Kunde nicht. Also sollten sie zusammenarbeiten, um wieder herauszukommen, so Christian Tänzler, Pressesprecher von VisitBerlin.
4. Compliance- und Diversity-Erfolge über die Krise retten
“Reisen darf nicht aufhören”, erklärte Rika Jean-Francois, die CSR-Beauftragte der ITB Berlin. Es fördere bei den Reisenden die Erweiterung des Horizonts und damit das Verständnis für die Erhaltung der einzigartigen Welt und ihrer natürlichen und ethischen Werte. “Nur so können wir Diversity und Compliance-Erfolge über die Krise retten und weiterentwickeln.” Martina von Münchhausen vom WWF forderte: “Jeder sollte seine Reise als besondere Mission ansehen und nicht einfach nur mal wieder zum Billigpreis in ein Flugzeug steigen.”
5. Das Bewusstsein für soziale Nachhaltigkeit ist gewachsen
Die Auswirkungen der ausgefallenen Tourismus-Einnahmen haben teils gravierende Folgen für Wohlstand und Menschenrechte in den Zielländern. “Wir müssen auch bedenken, was das für die Menschen vor Ort bedeutet”, sagte Dirk Inger vom Deutschen Reise-Verband. So wurde Corona ein Booster für alle anderen Krisen (Harald Pechlaner, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt).
6. Der Kunde hat ein erhöhtes Informations- und Sicherheitsbedürfnis
Informationsaustausch und Sicherheit sind wichtiger denn je, das haben sowohl die Veranstalter als auch die Menschen in den Destinationen erkannt. “Der Kunde wird das nach Ende der Krise nicht aufgeben”, war sich Detlef Schroer von Schauinsland Reisen sicher. Und genau das fordere die Anbieter heraus.
7. Reisen hat sich durch Corona geografisch entzerrt
Als Ergebnis der Corona-Pandemie sind neben den klassischen Destinationen des Massentourismus neue, teils exklusivere Ziele getreten. Das kann zum einen positive Effekte auf die Nachhaltigkeit einer Destination haben, wie z.B. ein Ende des Massen- und Overtourism, aber nur, wenn die Stakeholder sich dieses Ziel auch zu Eigen machen. Harald Pechlaner, Touristikprofessor aus Eichstätt, rät: “Die neu gefundenen Urlaubstrends – Inlandsurlaub zum Beispiel – müssen verstetigt werden.” Auch wenn es nicht vorstellbar ist, dass alle Deutschen nur in Deutschland Urlaub machen, sollten die Destinationen, die nun einen neuen Aufschwung erfahren haben, alles tun, den Trend zu halten.
8. Online wird ein Trend bleiben
Jede Offline-Buchung ist mit Zeitverzug verbunden, was gerade in Zeiten täglich geänderter Corona-Restriktionen ein Risiko bedeutet, sagte Peter Kautz von Statista. Uwe Frers, ADAC Camping, ergänzte, die Überfüllung der Campingplätze in Deutschland während des Sommers habe dies auch den letzten Traditionalisten gezeigt.
9. Wenn Preiskampf, dann kurz und erfolglos
Die traditionelle Margenschwäche der Tourismusindustrie lässt eigentlich keinen Preiskampf zur Rückgewinnung der Kunden zu, und er wäre auch nicht vernünftig, sagte Detlef Schroers von Schauinsland Reisen. Ein Hinderungsgrund sei, dass die Krise beim Kunden den Wunsch nach verschiedenen teuren Zusatzleistungen getriggert habe. Trotzdem sei nicht auszuschließen, dass es einige Anbieter versuchen werden.
10. Reisequalität steigt
Höherwertige Reisen sind wegen des mit ihnen verbundenen höheren Sicherheits- und Hygienegefühls im Trend, wie die derzeitigen Reisebuchungen zeigen. Ganz allgemein werden neue Bausteine zum Reise-Erlebnis hinzukommen, z.B. der Privat-Transfer.
11. Die Pauschalreise lebt
Mit mehr Sicherheit, Hygiene und zugleich Flexibilität für den Kunden wird die Pauschalreise die Corona-Krise überleben. Das größte Plus der Pauschalreise ist laut Detlef Schroer von Schauinsland Reisen, die größere Sicherheit für den Kunden in risikoreichen Zeiten. Der Kunde werde aber auch dafür zahlen müssen, sonst sei das wirtschaftlich nicht darstellbar.
12. Der Markt braucht neue Produkte
Für Boris Raoul von der Invia-Gruppe liegt der Schlüssel zum Umgang mit der Lage und ihren Folgen vor allem bei einer absoluten Kundenzentrierung. Reise-Anbieter müssten den Konsumenten entlang seiner Customer Journey maßgeschneidert begleiten.
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