Verbände fordern Bundesregierung zur Unterstützung der EU-Kommission auf: Wettbewerbsbeschränkende Kredit- und Debitkartengebühren kappen!
(Berlin, 12. Februar 201) Der Handelsverband Deutschland (HDE), der Hotelverband Deutschland (IHA), der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga-Bundesverband) und der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti) fordern gemeinsam die Bundesregierung auf, die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge zu unterstützen. Interbankentgelte müssen der Höhe nach begrenzt und ausnahmslos alle Kartenarten von der Verordnung erfasst werden. Im Hinblick auf das Ziel der EU-Kommission bestehende Marktfragmentierungen in Europa zu überwinden und den einheitlichen Zahlungsverkehrsraum zu verwirklichen, betrifft dies auch das in Deutschland etablierte Girocard-Verfahren. Nur so werden wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken der Kartenorganisationen unterbunden und die Verbraucherfreundlichkeit sowie höhere Marktakzeptanz von Kredit- und Debitkarten gestärkt.
Die EU-Kommission hat im Juli 2013 einen Verordnungsentwurf zur Regulierung der Entgelte im Kartenzahlungsverkehr vorgeschlagen, der derzeit im EU-Parlament diskutiert wird. Geplant ist eine Deckelung der sogenannten Interbankenentgelte, die der Händler für jeden Zahlungsvorgang an die Bank des Karteninhabers zahlen muss. Die Gebühren sollen dem Vorschlag zufolge nach einer Übergangszeit von zwei Monaten für grenzüberschreitende Zahlungen und nach 24 Monaten für inländische Zahlungen bei 0,3 Prozent des Umsatzbetrags für Kreditkarten bzw. 0,2 Prozent für Debitkarten liegen. Heute liegen sie in der Regel bei über 1 Prozent.
Nach Schätzungen des HDE werden alleine durch den Handel in Deutschland jährlich über 500 Millionen Euro an Entgelten an die Kreditwirtschaft gezahlt. Auch die Mineralölwirtschaft sowie Hotels und Restaurants mit hoher Kartenakzeptanz tragen ein Übriges dazu bei. Die Europäische Kommission schätzt für Europa ein Gesamtaufkommen an Interbankenentgelten von jährlich über 9 Mrd. Euro. Die geplante Deckelung der ungerechtfertigten Gebühren würde zu einer deutlichen Entlastung der Unternehmen beitragen. Händler müssen diese Gebühren auf alle Endpreise aufschlagen, so dass letztlich jeder Kunde – auch die Barzahler – mit Kartengebühren belastet wird.
Aus Perspektive der betroffenen Akzeptanzstellen ist daher eine Regulierung der Interbankenentgelte lange überfällig. Grundsätzlich muss eine derartige Gebühr, die wie bislang von der Bankenwelt einseitig festgelegt und vom Händler nicht verhandelt werden kann, als wettbewerbswidrig angesehen werden. So hat das Europäische Gericht in erster Instanz bereits eine Verfügung der Europäischen Kommission bestätigt, die Mastercard für grenzüberschreitende Zahlungen bereits 2007 solche Interbankenentgelte untersagt hat. Auch die Schlussanträge des Generalanwalts vor dem Europäischen Gerichtshof, der zweiten und letzten Instanz, vom 30. Januar 2014 im Berufungsverfahren gegen Mastercard tragen den gleichen Tenor.
Der von der EU-Kommission vorgelegte Verordnungsentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es gilt nun, die verschiedenen Kartenbrands auch umfassend einzubeziehen. Dabei müssen sowohl die sogenannten Vier- als auch die bisher ausgeklammerten Dreiparteien-Systeme in den Anwendungsbereich fallen, um Ausweichstrategien von vornherein zu unterbinden. Zudem ist die Einbeziehung aller Kartenarten notwendig.
Es ist nach Auffassung der Verbände auch nicht nachzuvollziehen, warum nur Konsumentenkarten und nicht auch „Business Cards“ unter die Verordnung fallen sollen. Für die Akzeptanzstellen in Handel, Hotellerie, Gastronomie und Mineralölwirtschaft und die Wettbewerbswidrigkeit spielt es keine Rolle, welche Art von Kunde sie vor sich haben. Auch ist die in der Verordnung vorgesehene Übergangsfrist von 24 Monaten für den inländischen Zahlungsverkehr als zu lang anzusehen und generiert temporäre Marktverzerrungen. Insofern wäre hier ein EU-einheitlicher Geltungszeitpunkt der Regulierung angezeigt.
Neben der Berücksichtigung der internationalen Kartenbrands ist es unerlässlich, auch das in Deutschland etablierte Girocard-Verfahren in den Anwendungsbereich der Verordnung einzubeziehen. Im Handel und an Tankstellen werden bereits über 53 bzw. 62 Prozent des bargeldlosen Umsatzes mit der EC-Karte und PIN bezahlt. Auch die Hotellerie wickelt zunehmend Umsatzanteile über Girocard ab. Dies verdeutlicht, dass in vielen Branchen keine Alternative zur Girocard-Akzeptanz besteht, ohne dass aufgrund des langjährigen erlernten Zahlverhaltens mit Kundenverlust zu rechnen ist. Damit ist das Verfahren in Deutschland marktführend und vielfach ohne Alternative. Die vom Bundeskartellamt derzeit auf nationaler Ebene favorisierte Verhandlungslösung für Entgelte kann dabei allenfalls unterstützend wirken, die geplante EU-Verordnung mit ihren einheitlichen Obergrenzen aber nicht ersetzen.
Insgesamt sorgt der Vorstoß der EU-Kommission zu Interbankenentgelten für mehr Transparenz und Wettbewerb. Er führt zu einer gerechteren Verteilung der Kosten unter den beteiligten Parteien. Ein generelles Verbot der umstrittenen Interbankenentgelte würde aus Sicht der Verbände zwar für noch mehr Vereinfachungen und Klarstellungen sorgen, doch mit der vorgeschlagenen Deckelung wurde ein tragfähiger Kompromiss gefunden: Kartenherausgeber können weiterhin mit dem gewohnten Geschäftsmodell arbeiten, Kartenorganisationen weiterhin innovative Konzepte an den Start bringen sowie Handel, Tankstellen und Gastgewerbe könnten ihrerseits die Kartenakzeptanz ausbauen. Es liegt nun in der Hand der europäischen und nationalen Gesetzgeber, umfassende Rahmenbedingungen für Transparenz und Wettbewerb im Kartenzahlungsmarkt zu schaffen.
Comments ()