Tourismus sorgt in Griechenland für Optimismus: Neue Marketingstrategie geplant – Chancen für ausländische Investoren
Von Michaela Balis/gtai
(Athen, 21. Februar 2013) Eine langfristige Marketingstrategie und neue Produkte sollen verstärkt Besucher nach Griechenland locken. Zur Förderung des Tourismus will die griechische Regierung die Infrastruktur modernisieren und die Gesetzgebung vereinfachen. Dadurch ergeben sich gute Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Unternehmen.
Trotz negativer Pressemeldungen, zahlreicher Streiks und politischer Unruhen konnte die griechische Tourismusbranche 2012 wieder schwarze Zahlen schreiben. Von Januar bis September 2012 zählte Griechenland rund 13,5 Millionen Touristen. Im gesamten Jahr haben Schätzungen zufolge 16 Mio. Touristen das Land besucht, ebenso viele wie 2011. Die Branche erwirtschaftete 2012 rund 10 Milliarden Euro, so die vorläufigen Angaben des Verbandes der griechischen Tourismusunternehmen.
Diese Ergebnisse setzen angesichts der desolaten Lage der griechischen Wirtschaft positive Impulse für 2013. Das Land rechnet mit 17 Millionen Touristen, etwa 1 Million mehr im Vergleich zum Vorjahr. Die Einnahmen sollen um eine Milliarde Euro steigen. So könnte der Tourismus 2013 etwa 16 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beitragen und 40.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Branche beschäftigte 2011 offiziell 758.300 Personen. Das entspricht etwa 18,5 Prozent aller griechischen Arbeitnehmer, so der Touristikverband. Ein riesiges Problem ist allerdings die Schwarzarbeit.
Für eine positive Entwicklung in nächster Zeit sprechen die ersten Buchungszahlen der laufenden Saison. Sie zeigen in allen Schlüsselmärkten aufwärts. Nach Angaben des Verbandes Griechischer Reisebüros HATTA werden 2013 etwa acht Prozent mehr Touristen aus Deutschland erwartet.
In der Branche stehen einige Investitionen an. Das Ministerium für Tourismus will Lizenzen für elf touristische Großprojekte mit einem Gesamtbudget von 300 Mio. Euro vergeben. Im Rahmen dieser Projekte sollen integrierte Anlagen in ganz Griechenland entstehen. Diese umfassen neben Hotels auch Ferienhauskomplexe sowie Spa- und Thalassotherapie-Zentren. Gebaut werden sollen die Anlagen auf den Inseln Kea, Milos, Kos, Ios, Kreta und Thassos sowie in den zentralgriechischen Regionen Voiotia und Fthiotida und im nordgriechischen Chalkidiki.
Die Tourismusbranche soll mit Subventionen gefördert werden, sieht der Nationale Strategische Rahmenplan (NSRF) vor. Projekte neuer sowie bereits bestehender Unternehmen werden, je nach Standort und Größe der Firmen, bis zu 60 Prozent subventioniert. Davon ausgenommen sind Luxusanlagen. Die Unterstützungsmaßnahmen greifen bei Modernisierungen von Gebäuden und beim Kauf und bei der Installation neuer Maschinen und Anlagen. Auch Ausgaben für Zertifizierungs- und Qualitätssicherungssysteme, für neue Softwaresysteme und Know-how-Transfer sollen subventioniert werden. Unterstützt werden zudem Unternehmen, die in Umweltschutz oder in Energieeinsparung investieren oder sich an Messen beteiligen sowie Beratungsdienstleistungen in Anspruch nehmen.
Für die Realisierung der Projekte im Rahmen des NSRF stehen den Unternehmen insgesamt zwanzig Monate zur Verfügung. Anträge können vom 25.2. bis zum 25.4.2013 gestellt werden. Darüber hinaus subventioniert das Arbeitsamt zusätzlich die Erhaltung von Arbeitsplätzen in Hotelanlagen für mindestens vier Monate ab November 2012.
Langfristig kann der Tourismus in Griechenland nur weiter wachsen, wenn das Land seine Wettbewerbsfähigkeit stärker ausbaut. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen McKinsey in der Studie “Greece 10 Years Ahead. Defining Greece´s new growth model and strategy”. Griechenland müsse sich nicht nur darauf konzentrieren, seine Wettbewerbsposition auf den Schlüsselmärkten Deutschland, Vereinigtes Königreich, Skandinavien, Frankreich, Italien und der Niederlande zu festigen. Auch gelte es neue Märkte wie Russland und China stärker ins Auge zu fassen. Nur so könne das Land Marktanteile gegenüber seinen Nachbarländern, insbesondere der Türkei, wiedergutmachen.
So rät die Studie konkret, das touristische Hauptprodukt “Sonne und Meer” insbesondere bei höheren Einkommensklassen stärker zu vermarkten. Das gehe nur mit einer Steigerung der Qualität. Darüber hinaus sollte das Land sein Produktangebot weiter ausbauen und beispielsweise den medizinischen, maritimen, gastronomischen und religiösen Tourismus stärker fördern. Durch ein breiteres Angebot könne Griechenland seine Abhängigkeit vom saisonalen Badetourismus stärker reduzieren.
Nach Einschätzung des Finanzministeriums könnte insbesondere der medizinische Tourismus die Wirtschaft ankurbeln. Das Land verfügt über eine hohe Zahl von Ärzten und Krankenhausbetten sowie über moderne Medizintechnik. Allerdings macht sich der akute Geldmangel der Regierung auch im staatlichen Gesundheitswesen bemerkbar.
“Marketing Greece”, eine nicht gewinnorientierte Gesellschaft, soll den Ausbau des Tourismus unterstützen. Sie soll unter anderem alternative Tourismusarten und Regionen gezielter vermarkten. Das Unternehmen dürfte seine Arbeit voraussichtlich 2014 aufnehmen und mit der griechischen Zentrale für den Fremdenverkehr zusammenarbeiten. Die Finanzierung der Gesellschaft ist allerdings noch nicht gesichert.
Die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur soll ebenfalls zum Aufschwung der Touristikbranche beitragen. Projekte in diesem Bereich bieten gute Geschäftschancen. So sollen Marinas (Yachthäfen), Einschiffungshäfen für Kreuzfahrtschiffe sowie regionale Häfen und Flughäfen neu gebaut beziehungsweise modernisiert werden – auch im Rahmen des Privatisierungsprogramms. Neue Projekte finden sich auch beim Bau von Ferienwohnungen und von integrierten Ressorts. Eine vereinfachte Gesetzgebung, eine stabile Steuerpolitik und eine schnelle Lizenzvergabe sollen die Investitionen zusätzlich fördern.
Direkte Fluganbindungen an interessante Herkunftsmärkte und ausreichende Schiffsverbindungen zu den griechischen Inseln sollen zusätzlich Besucher anlocken. Eine schnellere und einfachere Visa-Ausstellung für Gäste außerhalb der Schengen-Zone würde das Reisen ebenfalls erleichtern, heißt es weiter in der Griechenland-Studie des Beratungsunternehmens. Im Jahr 2012 wurde zu diesem Zweck ein Pilotprogramm für die Visa-Erteilung an Besucher aus der Türkei auf fünf griechischen Inseln gestartet.
Zur Förderung und Sicherung des langfristigen Know-How in der Branche soll laut McKinsey eine spezielle Tourismus-Universität in Griechenland entstehen. Die Deutsch-Griechische Industrie- und Handelskammer plant zunächst in Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen die Einführung der dualen Berufsausbildung nach deutschem Vorbild im Tourismusbereich.
Durch die kurzfristigen Maßnahmen könnten die Einnahmen aus dem Tourismus in den nächsten drei Jahren um 30 Prozent auf rund 13 Milliarden Euro steigen; die Anzahl der Touristen könnte auf 20 Millionen pro Jahr anwachsen. Diese positive Prognose gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass das Land die nötigen Schritte in der Branche auch erfolgreich umsetzen kann.
All diese Maßnahmen können die griechischen Hotelbetreiber nur begrüßen. Im Jahr 2012 verzeichneten sie Umsatzeinbrüche in Höhe von 20%. Die Buchungen sind um zehn Prozent zurückgegangen. In einigen Fällen beklagten Unternehmen in der Weihnachtszeit sogar Rückgänge um bis zu 50 Prozent. Ein Großteil der Touristikunternehmen, vorrangig kleine Hotelanlagen, befände sich am Rande des Ruins, so Experten.
Auch der Einbruch beim innergriechischen Tourismus macht der Branche zu schaffen: Immer weniger Griechen können sich einen Urlaub im eigenen Land leisten. In den vergangenen vier Jahren verzeichnete der Inlandstourismus Einbußen in Höhe von etwa 1,5 Millliarden Euro. Die hohe Besteuerung in einem sich ständig wandelnden Geschäftsumfeld belastet die Branche zusätzlich. Die Mehrwertsteuer ist auch in der Gastronomie und der Schifffahrt auf 23% erhöht worden; auf Gebäude wurde eine neue Immobiliensteuer eingeführt.
Die Angaben für den Auslandstourismus sind insgesamt erfreulicher. Zwar sank die Zahl deutscher Reisender im ersten Halbjahr 2012 um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dafür kamen 16% mehr Briten, 20% mehr Chinesen und sieben Prozent mehr Russen nach Griechenland. Eindrucksvolle Wachstumsraten wurden auch aus der Slowakei (+290%), Malta (+202%) und der Republik Korea (+166%) gemeldet. Dagegen nahm die Zahl der Reisenden aus den USA um 38 Prozent ab.
Trotz rückläufiger Zahlen deutscher Besucher bleibt die Bundesrepublik das wichtigste Herkunftsland. Der Marktanteil deutscher Touristen lag im 1. Halbjahr 2012 bei 12,8 Prozent, gefolgt vom Vereinigten Königreich mit 12,7 Prozent und von Frankreich mit 6,3 Prozent%. Der Löwenanteil der Griechenland-Liebhaber stammt somit aus der EU. Er lag im ersten Halbjahr 2012 bei 62,3 Prozent. Der Anteil asiatischer Länder an der Gesamtbesucherzahl betrug sieben Prozent.
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