Neue Projekte in Norwegens Skitourismus trotz Stagnationstendenzen
(Oslo, 04. April 2013) Norwegens Skigebiete mussten im Winter 2011/12 Umsatzeinbußen von gut 13 Prozent verkraften. Für die aktuelle Saison 2012/13 gehen die Prognosen auseinander, doch erwarteten einige Beobachter bereits im Herbst wieder einen leichten Rückgang beziehungsweise eine Stagnation. Ungeachtet der Prognosen will der schwedische Betreiber von Liftanlagen und Skigebieten SkiStar in Hemsedal, dem zweitgrößten Skigebiet Norwegens, neue Apartments, Skihütten und wahrscheinlich auch ein Hotel bauen.
Von Heiko Steinacher/gtai
Bereits vor fünf Jahren wollte das norwegische Bauunternehmen Faktor Eiendom in Hemsedal gemeinsam mit der US-amerikanischen Hotelkette Marriott ein Hotel mit 310 Gästezimmern für rund 2,5 Milliarden Norwegische Kronen (nkr; umgerechnet etwa 0,3 Mrd. Euro; 1 Euro = 7,4751 nkr im Jahresdurchschnitt 2012) errichten. Nachdem Faktor Eiendom im Zuge der Finanzkrise jedoch Bankrott ging, fiel das Großvorhaben in einen Dornröschenschlaf. Bislang stehen davon nur die Grundmauern einer neuen Garagenanlage, die mehr als 500 Autos Platz bieten sollte.
Laut norwegischen Pressemeldungen hat nun das Unternehmen SkiStar, zusammen mit dem Investor Asle Torset Skogstad, der Bank Nordea den Grund und Boden für das ursprünglich vorgesehene Projekt abgekauft. Die Summe wurde zwar nicht benannt, doch schätzen Experten die Quadratmeterpreise auf circa 25.000 nkr, wodurch allein die Kosten für Baugrund 1 Mrd. nkr überstiegen haben dürften. An den alten Plänen zum Bau neuer Apartments und Hütten, zum Teil direkt an der Piste (Ski-In & Ski-Out), sowie einer Großgarage halten die neuen Investoren fest. Bezüglich des einst zusätzlich geplanten Hotels äußern sie sich zwar etwas vorsichtiger, doch rechnen Beobachter damit, dass auch dieser Teil des alten Konzepts umgesetzt werden wird. Insgesamt erwarten die Beobachter somit bis zu 1.000 neue Skiwohnungen, Hütten und Hotelzimmer.
Skistar blickt auf eine langjährige Erfahrung in den ʺskandinavischen Alpenʺ zurück, wie das rund 230 km nordwestlich von Oslo gelegene, zweitgrößte Skigebiet Norwegens auch genannt wird. Neben den Pisten betreibt das Unternehmen dort eine Skischule und mehrere Skiverleihe. Zu den wesentlichen Neuerungen für die Wintersaison 2012/13 zählen eine neue Skirennstrecke mit Geschwindigkeitstests, Selftimer, ferner eine Eislaufbahn sowie neue Skiwanderwege und Ski in & Ski out-Apartments. Dank eines neuen Straßentunnels und einer neuen Brücke ist das Skigebiet von Skarsnuten aus nun besser zugänglich.
Zusätzlich zu den derzeit in Hemsedal bestehenden etwa 7.000 Betten hat die Gemeinde Bebauungspläne genehmigt, durch deren Umsetzung sich die Bettenkapazitäten um circa 5.500 ausweiten würden. Die Skiinfrastruktur für Familien mit Kindern ist zwar in dem Skiressort bereits gut entwickelt, doch sehen Beobachter diesbezüglich noch weiteres Ausbaupotenzial.
Investoren brauchen aber angesichts der in den letzten Jahren schleppenden Marktentwicklung Mut. Dank Besucherzuwächsen aus Ländern, aus denen das Volumen an Wintergästen, die in die Region kamen, eher geringer war – darunter Fernost, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Polen und die USA – ist die Anzahl ausländischer Wintergäste in Norwegen zwischen 2010 und 2012 laut der öffentlich-rechtlichen Stiftung Innovasjon Norge zwar insgesamt leicht gestiegen (um 2%). Die Anzahl der Gäste aus Deutschland ist dagegen im selben Zeitraum um sechs Prozent, aus den Niederlanden um drei Prozent und aus Dänemark sogar um zwölf Prozent zurückgegangen. Dabei schlägt der Rückgang dänischer Wintertouristen besonders stark zu Buche, da diese in Trysil und Hemsedal etwa ein Drittel aller Skigäste ausmachen. Die Anzahl der Besucher aus Schweden blieb im besagten Zeitraum weitgehend konstant. Aus Norwegen selbst kamen sechs Prozent mehr Wintergäste, wobei auf einheimische Gäste in Hemsedal etwa 40 Prozent aller Skibesucher entfallen, in Trysil indes nur circa 25 Prozent.
Zu den Hauptursachen der sinkenden Gästezahlen aus dem Euroraum dürfte die vor allem seit Jahresende 2011 gegenüber der Gemeinschaftswährung wieder deutlich erstarkende Norwegische Krone gehören. Weiterhin machen sich fehlende Flugverbindungen in die nähere Umgebung der Skizentren sowie die teilweise starke Kälte, die Skiurlauber trotz guter Schneehöhen in den letzten Jahren von einem Norwegen-Besuch im Winter abhielt, in den Zahlen bemerkbar. Und die Erwartungen für die letzte Wintersaison 2012/13 waren zumindest im November/Dezember nicht sehr optimistisch, wie Innovasjon Norge in einer Befragung herausfand.
In Trysil, dem größten Skigebiet Norwegens (gut 200 km nordöstlich von Oslo), wo SkiStar neben den Hängen und Loipen drei Skiverleihe betreibt und 35% Anteile an einer Skischule hält, hat das Unternehmen in den letzten Jahren vor allem in Produktverbesserungen investiert, darunter bei den Kinderpisten. Jene beim Touristikzentrum Aventyr wurde unter anderem um ein Skikarussell erweitert. Im Kinderbereich in Fagerasen wurde in der letzten Saison ein neuer Minipark mit kindertauglichen Anlagen für Rails und Sprünge eröffnet.
Nicht minder ambitioniert las sich im letzten Jahr die Investitionsprojektliste von SkiStar für die Saison 2012/13, darunter der Bau mehrerer Skianlagen für die ganze Familie, zum Beispiel mit Möglichkeiten für Langlauf und Boardercross mit Hürden, Sprungschanzen und Steilkurven, parallelen Slalompisten, einem Testzentrum für Geschwindigkeitsmessungen und einer Racing Arena. Ferner sollten einige Pisten in Fagerasen Nachtbeleuchtung erhalten, eine Beschneiungsanlage in Hogeggas vollautomatisiert werden und die Kinderbereiche im Touristenzentrum Trysil und Hoyfjellssenteret eigene Skiförderbänder bekommen.
Die Trysil-Region will ihre Marketingaktivitäten vor allem auf Besuchergruppen aus Norddeutschland und – wie auch die Hemsedal-Region – Russland ausrichten, und dabei noch stärker als bisher auf Familien mit Kindern. Die Bettenkapazität in Trysil (rund 23.500) ist mehr als drei Mal so hoch wie in Hemsedal; bereits genehmigte Bebauungspläne sehen eine Ausweitung auf bis zu 38.400 Betten im gesamten Gebiet vor.
Aber auch in Schweden werden neue Projekte angestoßen. Mit Are Sadeln entwickelt SkiStar im schwedischen Are derzeit einen neuen Übernachtungskomplex. Geplant sind knapp 1.300 Betten in einem Gebiet in Västra Björnen. Der Bebauungsplan wurde im Juni 2012 genehmigt, der Bau könnte im Frühjahr 2013 beginnen. Bis zum Herbst 2013 soll auch der Bebauungsplan für ein Bauvorhaben in Rödkullen, das SkiStar gemeinsam mit mehreren norwegischen Partnern, darunter Fjällinvest, plant, vorliegen. Außerdem will SkiStar im Hundfjället, einer der Top Locations im Skigebiet Sälen (ebenfalls Schweden), acht Apartments bauen.
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