Kein Fachkräftemangel? Nur ein "Engpass" – Eklatante Nachwuchssituation in Hotellerie und Gastronomie bleibt im Arbeitsmarkt-Bericht der Bundesregierung unberücksichtigt

Kein Fachkräftemangel? Nur ein "Engpass" – Eklatante Nachwuchssituation in Hotellerie und Gastronomie bleibt im Arbeitsmarkt-Bericht der Bundesregierung unberücksichtigt
Azubis - Mövenpick Hotels

(Berlin, 11. Februar 2015) Das Gastgewerbe ist offenbar nicht im Fokus der Bundesarbeitsministerin: Andreas Nahles lässt die andauernde, eklatante Nachwuchssituation in Hotellerie und Gastronomie in ihrem heute vorgestellten Bericht zum Arbeitsmarkt unberücksicht. Allgemein wird auch ein “flächendeckender Fachkräftemangel” dementiert – allenfalls gebe es in einzelnen Qualifikationen, Regionen und Branchen “Arbeitskräfteengpässe”, so der “Fortschrifftsbericht”.

Fortschrittsbericht 2014 zum Fachkräftekonzept der Bundesregierung zum PDF-Download
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Zu den sog. “Engpassberufen” zäglen 19 Berufsgruppen, jedoch nicht gastgewerbliche Berufe. Dass zuletzt die Hälfte der Koch-Lehrlinge ihre Ausbildung aufgaben, wurde hier offenbar nicht bemerkt. Kürzlich forderte der Vorstand der Hoteldirektorenvereinigung (HDV), der für deutliche und offene Worte steht, die Aufnahme der Berufe des Gastgewerbes in die Liste der Mangelberufe. „Würden auch Berufe des Gastgewerbes auf der Liste stehen, hätten Hoteliers und Gastronomen Zugriff auf Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern. Dies würde den Fachkräftemangel in unseren Betrieben entscheidend beseitigen helfen und sollte angesichts der wachstumstreibenden Kraft der Branche auch tatsächlich politisch gewollt sein“, sagte HDV-Vorsitzender Jürgen Gangl, Chef des Park Inn Hotels in Berlin. Zugleich appelliert die HDV an den Dehoga, sich ebenfalls gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass gastgewerbliche Berufe auf der Positivliste vertreten sind.

Der Fortschrittsbericht 2014 zum Fachkräftekonzept – ausgewählte Kernaussagen
Das sind die wichtigsten Erfolge bei der Fachkräftesicherung:

  • Immer mehr Menschen sind erwerbstätig. Die Erwerbstätigenquote stieg im Jahr 2013 auf 77,3 Prozent. Damit wurde das zentrale EU-2020 Ziel einer Erwerbstätigenquote von 77 Prozent erstmals erreicht.
  • Der stärkste Anstieg der Erwerbsbeteiligung erfolgt bei den Älteren. Ihre Erwerbstätigenquote stieg 2013 auf 63,6 Prozent und liegt deutlich über dem Zielwert von 60 Prozent.
  • Auch bei der Qualifikation zeigen sich Fortschritte: der Anteil der frühen Schulabgänger/innen sank 2013 erstmals auf unter 10 Prozent, der Anteil 30- bis 34-Jährigen mit tertiären oder vergleichbaren Abschlüssen stieg auf 44,5 Prozent.
  • Immer mehr und immer besser qualifizierte Fachkräfte kommen nach Deutschland. Der Wanderungssaldo hat 2013 mit 429.000 Personen den höchsten Wert seit 1993 erreicht; die Qualifikation der Zugewanderten steigt kontinuierlich an.

Das sind die zentralen Herausforderungen:

  • Die bisherigen Erfolge spiegeln sich auch in der aktuellen Prognose zur Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Fachkräfteengpässe bis zum Jahr 2030 wider: Zwar wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2030 um rund fünf Millionen abnehmen, die Zahl der Erwerbstätigen wird hingegen nur leicht um rund eine Million sinken.
  • Die zentralen Aufgaben der Fachkräftesicherung für die kommenden Jahre liegen in der Integration der Zugewanderten in den Arbeitsmarkt und der Schaffung guter, gesunder sowie motivierender Arbeitsbedingungen. Zudem gilt es Frauen, die ihre Arbeitszeit ausweiten wollen, mit bedarfsgerechten Angeboten an Betreuungsplätzen und flexiblen Arbeitszeiten zu unterstützen.
  • Die relativ positive Entwicklung bis zum Jahr 2030 wird sich nur einstellen, wenn die Anstrengungen zur Fachkräftesicherung nicht nachlassen. Ansonsten wird der Beschäftigungsrückgang deutlich höher ausfallen. Zudem wird sich ab 2030 der demografische Wandel noch weiter verstärken, sodass die Herausforderungen bestehen bleiben.