Impfstatus: Kommt das Fragerecht von Unternehmen? Update zum Arbeitsrecht
Hamburg, 01. September 2021 – Ob Unternehmen ihre Beschäftigten nach dem Impfstatus fragen dürfen, wird kontrovers diskutiert. Letztlich handelt es sich dabei um eine Abwägung zwischen betrieblichem Gesundheitsschutz und Recht auf informationeller Selbstbestimmung des Beschäftigten. Der Entwurf der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung lässt diese Frage weiterhin offen. Ein aktuelles Rundschreiben des Bundesgesundheitsministeriums gesteht Unternehmen nunmehr in bestimmten Situationen ein solches Fragerecht zu. Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Professor an der Hochschule Fresenius in Hamburg, gibt dazu eine Einschätzung.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegt der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO). Diese regelt im Zusammenspiel mit dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wann Arbeitgeber Informationen ihrer Beschäftigten erfragen, speichern und nutzen dürfen. Besonders geschützt nach der DS-GVO sind zudem sogenannte besondere personenbezogene Daten gem. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO wie etwa Gesundheitsdaten. Solche Daten darf ein Arbeitgeber nur dann erheben, wenn er ein besonders berechtigtes Interesse hieran hat und dieses das Interesse des Beschäftigten an der Vertraulichkeit und dem Schutz dieser Information überwiegt. Diese sogenannte Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung hat stets im Einzelfall zu erfolgen. Maßgebliche gesetzliche Grundlage hierfür stellen die Regelungen in Art. 88 DS-GVO i.V.m. § 26 Abs. 3 BDSG dar, wonach die Verarbeitung des Gesundheitsstatus erlaubt ist, “wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt”.
Impfstatus: Darf ein Unternehmen hiernach fragen?
“Ob ein Unternehmen seine Beschäftigten fragen darf, ob diese geimpft sind, ist eine sehr kontrovers diskutierte Frage”, so Prof. Dr. Michael Fuhlrott. “Während teilweise unter Hinweis auf die Effektivität der Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes und den Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber allen Beschäftigten ein solches Fragerecht bejaht wird, gibt es ebenfalls zahlreiche Stimmen, die eine solche Information als besonders sensibel ansehen und dem Arbeitgeber kein entsprechendes Fragerecht zugestehen wollen”, so der Arbeitsrechtler.
Keine allgemeine Regelung durch den Gesetzgeber
“Der Gesetzgeber hat hierzu bislang keine allgemeine Regelung geschaffen. Lediglich für bestimmte Beschäftigungsgruppen im Gesundheitsweisen gibt es im Infektionsschutzgesetz eine Spezialregelung”, erläutert Fuhlrott. “Auch der Entwurf der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung sieht kein solches Fragerecht vor”, so Fuhlrott weiter. “Die Frage ist damit weiterhin ungeklärt”. Arbeitgeber dürften gleichwohl den Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen vom Nachweis einer Impfung oder des Genesenstatus abhängig machen, meint Fuhlrott. Auch Incentivierungen von Impfungen seien erlaubt. “In solchen Situationen offenbart der Beschäftigte aber freiwillig Informationen über seinen Impfstatus. Das ist etwas anderes als ein allgemeines Fragerecht, bei dessen Verletzung sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen könnten”, so Fuhlrott.
Kommt eine Regelung aus dem Bundesgesundheitsministerium?
Der Bundesgesundheitsminister hat sich nunmehr durchaus aufgeschlossen geäußert und in einer Fernsehsendung am 30.08.2021 eine entsprechende gesetzliche Regelung als diskutabel in den Raum gestellt. Auch ein aktuelles Rundschreiben des Bundesgesundheitsministeriums vom 27.08.2021 geht unter bestimmten Voraussetzungen bereits jetzt von einem entsprechenden Fragerecht des Arbeitgebers aus. “Eine klarstellende gesetzliche Regelung wäre sinnvoll. Dass diese Frage aufkommen wird, war zudem absehbar”, meint Fuhlrott. “Mit Blick auf das zeitnahe Ende der Legislaturperiode ist es fraglich, ob nun noch eine gesetzliche Klarstellung kommt”, glaubt der Hamburger Arbeitsrechtler.
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