Generation What: Arbeit ohne Selbstverwirklichung und schlechte Noten fürs Bildungssystem
Mainz, 18. Oktober 2016 – Die große Mehrheit der jungen Deutschen arbeitet in erster Linie, um Geld zu verdienen, und nicht, um sich selbst zu verwirklichen. Mit den eigenen Tätigkeitsfeldern sind die Deutschen zwischen 18 und 34 Jahren dennoch überwiegend zufrieden, mit der Bezahlung hingegen nicht. Auffallend schlecht benotet wird das Bildungssystem, welches als praxisfremd und ungerecht angesehen wird. Dies sind Ergebnisse aus der europaweiten Studie “Generation What?” zur Lebenswelt junger Menschen, an der sich bisher mehr als 920.000 Menschen aus 35 Ländern beteiligt haben. Die Studie läuft noch bis November 2016, doch in einem Zwischenschritt hat das Sinus-Institut anhand einer repräsentativen Stichprobe die deutschen Ergebnisse für den Themenkomplex “Arbeit & Bildung” bereits analysiert.
Bei der Frage zum Stellenwert der Arbeit für das eigene Leben ergibt sich folgender Wert: Weniger als die Hälfte der berufstätigen Befragten, nämlich 43 Prozent, empfinden ihre Arbeit momentan als wirklich wichtig oder sogar sehr wichtig. 16 Prozent dagegen sagen, dass ihnen ihre Arbeit nicht oder sogar überhaupt nicht wichtig ist. Die restlichen 41 Prozent bewegen sich zwischen diesen Polen. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der Blick auf die Motivation für die Arbeit: Lediglich 38 Prozent sehen in ihrer Arbeit eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, 60 Prozent dagegen primär eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Eine Rolle spielt in dieser Frage offenbar auch das Bildungsniveau: Von den Befragten mit hoher Bildung nennt immerhin die Hälfte die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung als wichtige Motivation. Unter den weniger Gebildeten ist dies nur bei 35 Prozent der Fall. Insgesamt 59 Prozent der Berufstätigen sind dabei im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrem Job, zehn Prozent dagegen überhaupt nicht. Hinsichtlich der Zufriedenheit mit der eigenen Bezahlung zeigt sich gleichfalls ein Unterschied zwischen den Bildungsniveaus: Sind von den Studienteilnehmern mit niedrigem oder mittlerem Schulabschluss nur 23 bzw. 21 Prozent mit ihrer Bezahlung einverstanden, fühlen sich bei den Hochgebildeten immerhin 30 Prozent angemessen entlohnt.
Auf die Frage, ob in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit deutsche Staatsbürger auf dem Arbeitsmarkt bevorzugt werden sollten, antwortet eine breite Mehrheit von 69 Prozent ablehnend. Von den Befragten mit formal niedrigem Bildungsniveau lehnen 64 Prozent eine Bevorzugung deutscher Staatsbürger ab, bei den formal Hochgebildeten sind es 80 Prozent.
Keine sehr hohe Meinung hat die junge Generation vom Bildungssystem in Deutschland – dieses erhält fast durchweg schlechte Noten. Nur ein Prozent der Befragten glaubt, dass das Bildungssystem sie gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. 26 Prozent stimmen dem im Großen und Ganzen zu. 45 Prozent dagegen fühlen sich eher nicht für das Arbeitsleben gerüstet, 26 Prozent sogar überhaupt nicht. Auffällig dabei ist, dass insbesondere die jüngeren Studienteilnehmer in ihrer Kritik deutlicher sind als die älteren. Zugleich meint eine große Mehrheit von insgesamt 60 Prozent, dass es im Bildungssystem wenig gerecht zugeht. Lediglich fünf Prozent glauben uneingeschränkt, dass das Bildungssystem allen die gleichen Chancen bietet. 22 Prozent stimmen dieser Aussage überhaupt nicht zu. Die jungen Deutschen sehen jedoch nicht nur im Bildungssystem Gerechtigkeitsmängel. Immerhin 86 Prozent der Teilnehmer kritisieren eine Zunahme der Ungleichheit in Deutschland insgesamt.
Noch bis November können junge Menschen zwischen 18 und 34 Jahren auf www.generation-what.de an der Umfrage teilnehmen: Sie umfasst 149 Fragen von Politik über Religion bis hin zu Sexualität und Lebensglück. Das Ziel: Die 18- bis 34-jährigen Europäer sollen die Chance erhalten, selbst ein Bild ihrer Generation zu zeichnen. Koordiniert wird “Generation What?” von der Europäischen Rundfunkunion (EBU), in Deutschland begleitet das ZDF, der Bayerische Rundfunk und der SWR das Projekt. Im November wird das Sinus-Institut in Kooperation mit den Sendern und in Zusammenarbeit mit Soziologen aus ganz Europa anhand einer repräsentativ gezogenen Stichprobe die Endergebnisse zum Projekt “Generation What?” vorstellen.
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