Digitaler Beat vs. Schneckenpost – Wer braucht im Zeitalter des Livestreaming noch Monatspostillen? Wie die Digitalisierung die Kommunikation in der Hotellerie nachhaltig verändert
Hamburg, 07. Februar 2017 – Jetzt sind schon Pressemitteilungen wie von gestern: Topereignisse wie die Verleihung des Branchen-Oscar gestern Abend in Berlin – Hotelier des Jahres 2017 ist Christoph Hoffmann, CEO von 25 Hours Hotels – werden nun per Livestreaming bei Facebook übertragen. Der digitale Beat ist längst Adhoc-Kommunikation, live, authentisch und ohne langwierige Freigaben. Dagegen erscheinen Branchenpostillen, die monatlich erscheinen, wie Schneckenpost.
Heute gilt für die Kommunikation in der Hotellerie: Wer sich Gehör verschaffen will, muss unablässig neue Steine in den sumpfigen Teich der täglichen Nachrichtengrütze werfen, um stets neue Wellen zu erzeugen. Probate Mittel wie langwierig abgestimmte Pressemitteilungen und dreimal korrigierte Verlautbarungen fürs Social Web sind dabei die Brieftauben gegenüber den Photonentorpedos der Branchenkommunikation, intuitiv und tausendfach, weil Peer-to-peer, von Hotelier zu Hotelier, verteilte Kurznachrichten. Kurzum: Wer heute nicht den richtigen Nachrichtenkanälen bei Facebook, Twitter und Instagram – und morgen Snapchat, WeChat und Video-Audio-Networks – folgt, bleibt künftig ahnungslos.
Längst sind Blogs wie so-geht-hotel-heute.com weitaus mehr gelesene Medienprodukte als die rund zehn Printhefte der Branche. Hier editieren Vor- und Querdenker wie Marco Nussbaum, CEO von Prizeotels, die bewegenden Themen der Hotellerie. Aktuelle Ereignisse und täglich neue Verwirrungen über Gästewünsche werden ebenso diskutiert wie meinungsprägende Marktanalysen und Trendberichte aus Übersee. Dabei sind tatsächlich meist die Kommentierungen der Leser noch aufschlussreicher als die Schlagzeilen selbst.
Von herausragenden Barcamps, Networking-Symposien und Fachmessen sind die höchst individuellen Fotonews mit den jeweiligen Hashtags übermächtiger Lesestoff als unkontrolliert herumfliegenden Printauflagen werbeverseuchter Langweilertitel. Die myriadisierte Fragmentierung der Branchenkommunikation zu überblicken bedarf keiner übermenschlicher Anstrengungen. Treibt man alle “Medienmacher”, also nun: Jedermann, dazu das offizielle Kampagnen- oder Event-Hashtag einzutragen, lassen sich alle Kurznachrichten auf einer sog. Social Wall darstellen, natürlich vollautomatisch.
Um in diesem dichten Dschungel als grünes Blatt noch auffallen zu können, bedarf es eben messerscharfer Analysen und der Fähigkeit, auch komplexe Sachverhalte aufs Wesentliche zu reduzieren. Und natürlich, dies in 140 Zeichen Twitter-Länge oder 30 Sekunden Vocal-Botschaft flüssig zu formulieren. Ergo haben gut ausgebildete Journalisten und angelernte Kommunikationstalente (neudeutsch: Blogger) nachwievor beste Chancen weiterhin gehört zu werden, nur eben mehr als Leitartikel-Autoren als denn bloße Nachrichtenvervielfältiger.
Für die kommunikative Weiterbildung der Führungskräfte in der Hotellerie bedeutet dies, sich einerseits mit den technischen Raffinessen des Social Web und andererseits mit der Reduktion auf prägnante Kernbotschaften auseinanderzusetzen. “Fasse Dich kurz”,, stand einst auf den öffentlichen Telefonzellen – dieser Retrotrend gilt wieder.
Die Ausbildung der künftigen Fach- und Führungskräfte muss endlich um das Masterfach Kommunikation & Multimedia ergänzt werden. Journalistische Lehrsätze wie “Wheres the Beef?” Und die thematische Gliederung nach den “6 W” (Wer, was, wann, wo, wie, warum) sind darin Grundkurse. Im Zeitalter von empathischer Karriereentwicklung und Employer Branding sind die Topperformer der Kommunikation die Spitzenleute. Frei nach dem Motto: Wer zwei zusammenhängende Sätze reden kann, wird gewählt.
Über den Autor: Carsten Hennig, Jahrgang 1970, hat seine journalistische Karriere noch an einer Schreibmaschine gestartet und berichtet heute notgedrungen multimedial über die entscheidenden Marktentwicklungen in Tophotellerie und Spitzengastronomie. Der Anchorman von HOTELIER TV & RADIO ist Mitglied des weltweit führenden Management-Netzwerkes Hospitality Leaders. Sie erreichen den Autor per eMail: carsten@hospitalityleaders.com
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