Die Sache mit dem Direktvertrieb – Eine Analyse von Prof. Dr. Eric Horster
Von Prof. Dr. Eric Horster
Die Einkaufsgenossenschaft HGK macht derzeit mit einem neuen Hotelportal auf sich aufmerksam. Vom Ansatz her ist die HGK Plattform namens HotelneX ja auch eine gute Idee. Und sie erinnert mich ein wenig an Roomkey, einem Zusammenschluss großer Hotelketten, die gemeinsam eine Distributionsplattform ins Leben gerufen haben. Ähnlich macht es jetzt die HGK Sie bietet ein Buchungsportal für Mitglieder an und profitiert in diesem Moment davon, dass sie auf einen Schlag ein recht großes Portfolio an Hotels hat. Noch dazu sind in dem Produkt weitere Features enthalten. Aber dazu gleich mehr.
Die Sache mit dem Direktvertrieb
Mit dem Slogan: “Jetzt kümmern wir uns um den Direktvertrieb” verkaufen sie sich der Hotellerie als Heilsbringer gegen die “bösen” Hotelportale. Das Werbevideo vermittelt diese Botschaft denn auch als zentrales Verkaufsargument.
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In diesem Zusammenhang gibt die schöne und passende Differenzierung (auf die auch Marco Nussbaum in seinem Blogbeitrag mit dem Titel “Der Google Hotelfinder ist nicht der heilige Gral” zum Thema eingeht): Wird hier Geld mit oder Geld für die Hotellerie verdient? Letzteres kann man eigentlich nur von gemeinnützigen Interessengemeinschaften erwarten. Nicht aber von Wirtschaftsunternehmen, wie der HGK.
Daher ist der Slogan schon im Ansatz irreführend. Mehr noch: er ist perfide. Denn er suggeriert der Hotellerie, dass sie nun über die HGK die Möglichkeit hat, eigene Buchungen zu generieren.
Aber wodurch zeichnet sich denn eine Direktbuchung aus? Genau: Es gibt keine Provision. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Selbst nach der Anpassung der ursprünglichen Provisionssätze, die wohl auch der kritischen Einschätzung von verschiedenen Seiten geschuldet war. Denn das Hotel bezahlt nichtsdestotrotz neben den üblichen 15% an das Portal zusätzlich 50 Euro pro Monat an die HGK für die Koordination (Channel Management). Unabhängig vom Umsatz. Für Buchungen über das Portal HotelneX selbst: 5%. Integriert ist auch eine Anbindung an den Google Hotelfinder. Für Buchungen, die über den Google Hotelfinder laufen, fallen unabhängig von der Buchung die üblichen 0,3% pro Klick an plus (und jetzt kommts) neuerdings 4%. Warum zusätzlich 4%? Während die Anpassung der Kosten für die IBE auf der Hotelseite von 5% auf 1,50 Euro pro Buchung jetzt den marktüblichen Preisen entspricht, bleibt diese Frage offen.
Mir ist in diesem Zusammenhang aber ohnehin viel wichtiger, etwas anderes zu betonen: Das einzige, was hier direkt vertrieben wird, sind das Portal und die Dienstleistungen der HGK.
Diese Form der Ansprache erlebe ich im Übrigen seit der Provisionserhöhung von HRS immer wieder. Hier sei deshalb noch einmal mit aller Deutlichkeit gesagt: Ein solches Versprechen (mehr Direktbuchungen), das im Anschluss nicht gehalten werden kann baut kein Vertrauen auf, sondern zerstört dieses schon im Ansatz. Was mich aber noch mehr stört: Diese Form der Kommunikation suggeriert, dass ein Hotelier nicht im Stande ist zwischen direkter und indirekter Distribution zu differenzieren. Das ist naiv – seitens des betreibenden Portals wohlgemerkt.
Die bösen Hotelportale
Grundsätzlich muss sich aber auch die Hotellerie die Frage stellen, ob sie die Portale immer pauschal verteufeln will (was zugegeben nicht jeder tut, aber ich kenne genügend Beispiele). Denn in einer immer komplexer werdenden Distributionslandschaft kann der Hotelier über eine Partnerschaft mit HRS oder Booking sehr viel Verantwortung abgeben und sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Die alte Wirtschaftsweisheit: “There are Gains from Trade” sollte auch in diesem Kontext gelten. Denn auch der Direktvertrieb ist ja nicht umsonst und stellt heute mehr denn je eine große Herausforderung dar. Denn wenn ich auf den Direktvertrieb setze und diesen erfolgreich gestalten möchte, dann muss ich mich mit SEO, Usability, User Experience, Social Media, Location Based Services, Mobile Bookings, usw. auseinandersetzen. Es erfordert eine Menge Know-How und verursacht aufgrund der hohen Innovationsgeschwindigkeit auch laufende Investitionskosten. Daher muss sich schon jeder Hotelier die Frage stellen, ob er/sie die Portale als Partner anerkennen möchte, oder nicht. Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist immer abhängig vom Einzelfall.
Qualität in allen Abschnitten der Customer Journey
Was man aber pauschal sagen kann ist: Wer sich auf eine Partnerschaft mit den Portalen einlässt, der kann sich darauf konzentrieren, bei diesen gut präsentiert zu sein. Mehr noch: Es werden Ressourcen frei, um sich um die Kernleistungen, das Beschwerdemanagement (auch auf Portalen wie HolidayCheck, etc.) zu kümmern. Geht man über die Qualität ist die Wahrscheinlichkeit, dass man so Gäste bindet sehr viel höher, als wenn man versucht seine Belegungsrate nur über den Preis zu pushen. Das Thema Groupon ist (hoffentlich) durch und Mobile Apps wie JustBook werden ihr Geschäftskonzept ebenfalls überdenken müssen, wenn weitere Konkurrenz, wie bspw. die Neuauflage von HRS Hotels Now, oder Hipaway in den mobilen Markt eintritt. Über den Preis verkauft man immer nur kurzfristig und nicht nachhaltig. Nicht umsonst gibt es den geflügelten Begriff der “Hotel-Nomaden”, die von einem rabattierten Hotel zum nächsten ziehen. Stammgästepotenzial = 0. Zumindest zum regulären Preis. Das gilt übrigens auch für die neusten Geschäftskonzepte wie bspw. betandsleep, bei denen die Hotelrabatte erst nach einer konkreten Anfrage und Anmeldung des potenziellen Gastes offengelegt werden. Preismarketing bleibt Preismarketing. Das kann man drehen, wie man will…
Zwischen Unmündigkeit und Selbstbestimmtheit
Verständlich ist, dass es immer wieder Reibereien zwischen Hotellerie und Portalen gibt. Neustes Beispiel ist das Quality Siegel von HRS. Fast zeitgleich mit der Einführung dieses Siegels hat HRS angekündigt, seinen Algorithmus anzupassen.
Die Positionierung erfolgt per Default also nicht mehr über den Preis, sondern über die Qualität. Nur: Wer definiert denn hier Qualität? Richtig: HRS.
Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass eine Bedingung zum Erhalt des Quality Siegels die Selbstverpflichtung des Hotels ist, sich an die Ratenparität zu halten. Und mit so einem Algorithmus lassen sich auch weitere Interessen durchsetzen. Ähnlich erzieht Google Seitenbetreiber ja schon lange. In diesem Fall wird die Abhängigkeit der Hotellerie deutlich. Aber ganz pragmatisch gesehen, greifen hier Marktgesetze. HRS kann besser verkaufen, wenn der Preis auf der eigenen Hotelseite der gleiche ist. Will man das also Hotel nicht, so muss man in Kauf nehmen, dass man weiter unten gelistet wird, kann aber gleichzeitig allen Gästen vor Ort kommunizieren, dass eine direkte Buchung günstiger ist (vorausgesetzt, die Ratenparität kippt).
Und zum Schluss: Der Google Hotelfinder
Als weiteres Feature bietet die HGK eine Anbindung an den Google Hotelfinder an. Auch hier sei deutlich gesagt: Buchungen über den Google Hotelfinder sind KEINE Direktbuchungen. Auch das ein häufiges Argument: “Steigern Sie Ihre Direktbuchungen über den Google Hotelfinder”. Das ist Quatsch! Denn durch den Google Hotelfinder sinkt die Zahl der Mittler nicht, sondern sie steigt. Denn jetzt steht zwischen Gast und Hotel plötzlich nicht nur ein Retailer, sondern zusätzlich Google. Und beide verdienen mit der Hotellerie. Nehmen wir einmal an, die Look-to-Book-Ratio beträgt 2% (dieser Satz wurde von mir neben anderen Aktualisierungen nachträglich geändert, da er bei der Erstveröffentlichung im Gastbeitrag bei ideas4hotels zu falschen Schlüssen in den Kommentaren führte – die aber gleichzeitig eine spannende Diskussion ermöglichten). Bei einer Provision von 0,2% des Hotelzimmerpreises für Google und 0,1% für den Retailer der die Anbindung realisiert, wäre man dann ebenfalls bei 15% (0,3%*50 Klicks = 15%).
Frage: Welchen Grund gibt es dann für mich als Hotel, beim Hotelfinder integriert zu werden, wenn ich dann zwischen HRS und Booking stehe?
Dann kann man die beiden doch gleich die Buchung realisieren lassen, hat weniger Aufwand, da man kein neues System integrieren muss und zahlt die gleiche Provision. Und nicht vergessen: Es kommen jetzt noch 4% hinzu, wenn man die Anbindung über die HGK abwickelt. Also wäre man selbst bei einer besseren Performance auf einem Level mit den Portalen. Hinzu kommt, dass gemunkelt wird, Google würde bald von einem fixierten Provisionsmodell, wie wir es derzeit vorfinden, auf ein Bietermodell umsteigen. Stichwort: Konkurrenz belebt das Geschäft.
Und was passiert dann insgesamt, sollte der Hotelfinder sich etablieren? Dann wäre das Geschäftsmodell des Hotelfinders vergleichbar mit den Adwords. Es würde also sehr umkämpfte Regionen geben und solche, die eher weniger umkämpft sind. Davon abhängig wäre dann vermutlich auch die Provision, die sich dann dynamisch nach Angebot und Nachfrage richten würde.
Eine spannende Frage ist:
Was wäre die Konsequenz daraus? Zahlen Stadthotels dann 30% Provision und mehr, werden also unverhältnismäßig teurer, als Hotels in Randgebieten? Kommt es dadurch zu einer Verschiebung der Gästeströme?
Zum Autor:
Eric Horster ist Professor für Hospitality Management und eTourismus an der Fachhochschule Westküste. Vor seinem Ruf promovierte er als Stipendiat des Innovations-Inkubators an der Leuphana Universität Lüneburg bei Prof. Dr. Edgar Kreilkamp. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte entwickelt er aktuell im digitalen eputations-, Distributions- und Qualitätsmanagement sowie im Mobile-Marketing….
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