Coronavirus: Was Arbeitnehmer jetzt wissen müssen

Coronavirus: Was Arbeitnehmer jetzt wissen müssen
COVID-19: Wie kann ich selbst vorbeugen? (Foto: Dr. Jacobs Institut/Pixabay)

Berlin, 04. März 2020 – Das Coronavirus hält die Welt in Atem – und wirft einige arbeitsrechtliche Fragen auf. Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer? Rechtsanwalt Johannes von Rüden von der Berliner Kanzlei Von Rueden beantwortet die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen rund um das Thema Corona.

Das Wichtigste zum Coronavirus (Infografik: Wort & Bild Verlag)
Das Wichtigste zum Coronavirus (Infografik: Wort & Bild Verlag)

Kann ich mich weigern, am Arbeitsplatz zu erscheinen?
“Einfach nicht zur Arbeit zu erscheinen, ist nicht zu empfehlen. Arbeitsverweigerung kann zu einer Abmahnung oder sogar zur Kündigung führen. Nur wenn das Unternehmen trotz konkreter Infektionsfälle oder trotz einer Aufforderung durch die Behörden keine Schutzmaßnahmen ergreift, könnten Arbeitnehmer sich weigern. Auch wer Angst hat, sich auf dem Arbeitsweg in den öffentlichen Verkehrsmitteln anzustecken, hat kein Recht, einfach zu Hause zu bleiben.”

Wann muss ich zu Hause bleiben?
“Jeder Arbeitnehmer soll grundsätzlich bei Krankheit zu Hause bleiben. Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen, wenn er krank ist. Spätestens am vierten Krankheitstag wird in der Regel ein ärztliches Attest verlangt. In einigen Arbeitsverträgen sind allerdings auch andere Fristen vereinbart – etwa ein Attest ab dem ersten Tag der Abwesenheit.”

Bekomme ich mein Gehalt weiter?
“Bei einer regulären Krankmeldung bekommen Arbeitnehmer weiter ihr Gehalt gezahlt. Sollte allerdings der Verdacht einer Corona-Infektion bestehen, könnten Betroffene unter Umständen auch das Recht auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz haben. In § 56 Infektionsschutzgesetz heißt es dazu, dass jemand, der als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld.”

Was ist, wenn mein Unternehmen schließt?
“Wenn ein Betrieb dichtmacht, um seine Arbeitnehmer zu schützen, trägt das Unternehmen das finanzielle Risiko und die Arbeitnehmer erhalten weiter ihr Gehalt. Wenn der Betrieb allerdings aufgrund einer Aufforderung der Gesundheitsbehörden schließt, greifen die allgemeinen Entschädigungsregelungen.”

Welche Regelungen gelten, wenn Kita oder Schule schließen?
“Wenn ein Kind krank ist, haben Arbeitnehmer das Recht, es zu Hause zu pflegen. Gesetzlich vorgeschrieben sind zehn Tage pro Kind und Elternteil. Der Lohn wird weitergezahlt. Diese Regelung gilt allerdings nicht, wenn die Kita geschlossen wird und das Kind gar nicht krank ist. Es gibt aber eine andere Regelung, die hier greifen könnte: Wer unverschuldet nicht zur Arbeit erscheinen kann, behält seinen Anspruch auf Vergütung. In dem Fall sollte man aber mit dem Arbeitgeber sprechen und gemeinsam eine Lösung suchen.”

Ich muss in Quarantäne – Was jetzt?
“Die Quarantäne kann schon beim Verdacht einer Corona-Infektion angeordnet werden. Paragraf 30 des Infektionsschutzgesetzes gibt vor, dass Betroffene unverzüglich abgesondert werden müssen – in einem Krankenhaus oder auch zu Hause. Hält sich jemand nicht daran, kann die Quarantäne sogar mit Polizeigewalt durchgesetzt werden. Dafür ist allerdings eine richterliche Anordnung erforderlich.”

Regelmäßiges Händewaschen hilft, sich vor der Ansteckung mit Viren zu schützen. (Foto: AOK-Mediendienst)
Regelmäßiges Händewaschen hilft, sich vor der Ansteckung mit Viren zu schützen. (Foto: AOK Mediendienst)

Mehr Angst um Unternehmenserfolg als um Gesundheit

Wie groß ist die Angst der Deutschen vor dem Coronavirus (SARS-CoV-2)? Wie beeinflusst die aktuelle Situation den Arbeitsalltag in deutschen Büros und Fabriken? Und welche Maßnahmen ergreifen Unternehmen bislang? Die Jobplattform stepstone.de mehr als 4.000 Menschen befragt, um herauszufinden, wie sich das Virus bislang auf die Arbeitswelt auswirkt. Demnach macht sich die Mehrheit wenig Sorgen um ihre Gesundheit. Allerdings rechnen viele damit, dass sich die aktuelle Situation negativ auf den Erfolg ihres Unternehmens auswirken wird. Nahezu alle Befragten wurden am Arbeitsplatz bereits mit speziellen Maßnahmen konfrontiert.

“Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen, dass die Mitarbeiter in deutschen Unternehmen eher gelassen sind”, sagt Dr. Anastasia Hermann, Studienleiterin bei Stepstone. “Die große Mehrheit der Befragten fühlt sich von ihren Arbeitgebern gut informiert. Unternehmen in Deutschland kommunizieren erfolgreich und schaffen es, Mitarbeitern die Unsicherheit zu nehmen. Sie sichern außerdem die Produktivität im Job durch Angebote wie zum Beispiel Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten für die Betreuung von Kindern oder Angehörigen.”

Die Ergebnisse der aktuellen StepStone Studie im Überblick:

  • 46 Prozent der Befragten haben Sorge, dass das Coronavirus negative Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg hat. Dass sie Angst haben, sich mit dem Virus zu infizieren, meinten dagegen nur 34 Prozent. Noch geringer ist die Sorge vor Versorgungsengpässen, z.B. knappen Lebensmitteln (27 Prozent).
  • 54 Prozent der Befragten sorgen sich nicht wegen des Coronavirus.
  • Corona wirkt sich in manchen Unternehmen bereits auf die Arbeitsweise der Belegschaft aus: 29 Prozent der Befragten gaben an, dass Projekte wegen der aktuellen Situation verschoben worden seien. 23 Prozent gaben an, dass ihr Team durch das Coronavirus in ihrer Produktivität eingeschränkt sei. Nur 16 Prozent sind der Meinung, dass wegen Corona insgesamt weniger gearbeitet wird.

Corona: Knapp die Hälfte der Beschäftigten spürt Auswirkungen im Job

  • Allgegenwärtiges Thema: 96 Prozent der Befragten gaben an, dass das Coronavirus derzeit Gesprächsthema bei der Arbeit sei – bei 52 Prozent von ihnen täglich, bei 21 Prozent sogar mehrmals täglich.
  • Bei 43 Prozent beeinflusst das Thema den Arbeitsalltag. Die häufigsten Veränderungen sind neue Verhaltensvorschriften (65 Prozent).

Große Mehrheit der Unternehmen sagt Dienstreisen ab

  • Bei 47 Prozent der Befragten wurden Dienstreisen in betroffene Regionen abgesagt, bei weiteren 27 Prozent wurden sämtliche Dienstreisen storniert.
  • 42 Prozent gaben an, dass in ihrem Unternehmen die Teilnahme an externen Veranstaltungen (z.B. Messen, Fortbildungen) untersagt worden sei. Bei gut einem Drittel (36 Prozent) wurden auch Firmenveranstaltungen abgesagt.
  • Von denjenigen, die im Job beeinträchtigt sind, muss derzeit fast jeder Zehnte (9 Prozent) von zu Hause arbeiten. Aber auch extern hat die unsichere Lage Folgen: 28 Prozent gaben an, dass sie von Lieferengpässen betroffen seien, bei 12 Prozent arbeiten Dienstleister derzeit nur noch eingeschränkt oder sogar gar nicht mehr.

Mitarbeiter fühlen sich gut informiert

  • Die Mehrheit der Befragten gab an, dass ihr Arbeitgeber rechtzeitig zum Thema kommuniziert habe (60 Prozent) und die Unternehmensleitung sie gut informiert habe (57 Prozent).
  • 61 Prozent sind der Meinung, dass ihre Unternehmensführung die richtigen Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter trifft.

Corona: Diese Maßnahmen ergreifen Arbeitgeber in Deutschland

  • 80 Prozent informieren über Prävention, Verhaltensweisen und Hygiene.
  • 72 Prozent treffen Präventionsmaßnahmen, d.h. sie stellen Desinfektionsmittel bereit, verbieten Händeschütteln usw.
  • 22 Prozent bieten ihren Mitarbeitern an, zu Hause zu arbeiten.
  • 43 Prozent fordern Mitarbeiter mit Erkältungssymptomen gezielt auf, nicht zur Arbeit zu kommen oder von zu Hause aus zu arbeiten.
  • 38 Prozent fordern Mitarbeiter, die in betroffene Regionen gereist sind, auf, nicht zur Arbeit zu kommen oder von zu Hause aus zu arbeiten.
  • 53 Prozent der Unternehmen sagen Dienstreisen ab.
  • 19 Prozent flexibilisieren Arbeitszeiten und Arbeitsorte, um Kinderbetreuung und Pflege zu ermöglichen.
  • 47 Prozent hätten grundsätzlich die Möglichkeit, eine Zeit lang zu Hause zu arbeiten. Weitere 22 Prozent könnten dies zumindest mit Einschränkungen tun.