Bundestagsbgeordnete informieren sich über das Thema "Kontaminierte Kabinenluft"
(Berlin, 21. September 2011) Die Pilotenvereinigung Cockpit verlangt eine umfassende Untersuchung möglicher Schadstoffbelastungen in der Kabinenluft von Flugzeugen und fordert Konsequenzen für den Gesundheitsschutz von Passagieren, Piloten und Flugbegleitern. In einem Expertengespräch des Tourismusausschusses des Deutschen Bundestages am Mittwoch sagte das Cockpit-Vorstandsmitglied Jörg Handwerg, bislang seien die Fluglinien der Forderung nach einer umfassenden Untersuchung nicht nachgekommen, obwohl zahlreiche Studien auf eine Gesundheitsgefährdung hinwiesen.
Abgeordnete aller Fraktionen zeigten sich in der Sitzung des Ausschusses alarmiert und erkundigten sich intensiv bei den geladenen Experten nach neuesten Erkenntnissen. Die Antworten der Sachverständigen vermittelten ein widersprüchliches Bild: Während etwa die Leiterin der Forschung der Global Cabin Air Quality Executive, Susan Michaelis, einen Zusammenhang von kontaminierter Kabinenluft und gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie der Flugsicherheit bejahte, betonte der Airbus-Experte Andreas Bezold unter Verweis auf „zahlreiche Messungen seit den 90er-Jahren“, dass die „Luft an Bord von Verkehrsflugzeugen“ von „einwandfreier Qualität“ sei.
Der Journalist Tim van Beveren, der sich nach eigenen Angaben seit Jahren mit dem Thema befasst, erläuterte, dass bei fast allen Verkehrsflugzeugen die Frischluft für das Innere der Maschinen als so genannte Zapfluft über die Triebwerke angesaugt werde. Lecke Öl ins Triebwerk, würden Schwaden des verbrannten Schmierstoffes mit in die Kabinen befördert. Unter anderem befinde sich im Triebwerksöl für Flugzeuge auch die als Nervengift bekannte Chemikalie Trikresylphospat (TCP). Lediglich eine Dichtung trenne mit Öl geschmierte Teile des Triebwerkes von der Kabinenluft, fügte Handwerg hinzu. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch der Mix der verschiedenen Stoffe im Öldampf gesundheitsschädlich sein könne.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Thomas von Randow, sagte, es gebe eine Pflicht für Luftfahrtunternehmen, klar definierte Störungen und Ereignisse im Flugbetrieb an das in Deutschland für sie zuständige Luftfahrt-Bundesamt zu melden. Dazu zählten auch so genannte Öldampf-Vorfälle. Er betonte, die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) habe im Mai 2011 zum Thema Kabinenluft festgehalten, das es bezogen auf die Sicherheit keinen Vorfall gebe, „der eine sofortige oder generelle Vorschriftenänderung rechtfertige“. Susan Michaelis erwiderte, das wahre Ausmaß der Ereignisse mit kontaminierter Kabinenluft könne solange „nicht geklärt werden, wie es keine Warnanlagen an Bord gibt und sich die Luftfahrtindustrie auf ein nicht funktionierendes Meldesystem verlässt, um das wahre Ausmaß des Problems nicht eingestehen zu müssen“.
Mehrere Abgeordnete stellten in dem Expertengespräch die Überlegung an, die Luft für die Flugzeugkabinen nicht mehr in den Triebwerken abzuzapfen. Schließlich werde auch beim Auto die Luft für die Klimaanlage nicht neben dem Auspuff angesaugt. Tim van Beveren verwies darauf, dass beim neuen Dreamliner Boeing 787 Frischluft bereits an der Außenhaut angesaugt werde. Handwerg forderte in der Sitzung ferner den verpflichtenden Einbau von Sensoren zur Messung von Giftstoffen in der Kabinenluft sowie entsprechender Filter.
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